Hass und Liebe, eine Polarität, gegensätzliche Emotionen. Ein intensives Gefühls-auf-und-ab. Was dem einen ein Gefühl von Lebendigkeit schenkt, kann einem anderen jegliche Lebensenergie rauben.
Daher ist es wichtig, sich bewusst für so eine Art von Partnerschaft zu entscheiden.
Denn geht man bewusst eine solche Form der Beziehung ein, ist man ihr nicht hilflos ausgeliefert. Man kann sich jeder Zeit gegen sie entscheiden, wenn man genug von dem ständigen Wechsel eines Hoch- und eines Tiefgefühls hat.
Glaubt man allerdings, dass Hassliebe die höchste Form der Liebe sei (aufgrund der Stärke des Empfindens der positiven Emotion, die natürlich viel intensiver wahrgenommen wird nach einem Tief) und man sich in Wahrheit jedoch ein harmonisches Leben wünscht, ohne Emotionen des Grolls und des Hasses, baut man sich sein eigenes Gefängnis auf. Das Fundament besteht aus dem Identifiziert-Sein mit seinen Gedanken.
Ich glaube zum Beispiel nicht, dass Hassliebe die höchste Form der Liebe ist. Für mich ist das die bedingungslose Liebe.
Das Schöne an unserem Leben ist, dass wir unser Mindset jede Sekunde überarbeiten können. Man hat immer die freie Wahl, welche Gedanken man denken und glauben möchte.
Schau, deine Gefühle folgen deinen Gedanken. Denkst du "Oh, heute scheint die Sonne, wie schön!" wird in dir ein positives Gefühl aufkommen. Denkst du "Hm, scheiße, es regnet!" wirst du dich nicht freuen. Ein positives Gefühl wird also immer durch einen positiven Gedanken ausgelöst. Umgekehrt wird ein negatives Gefühl durch einen negativen Gedanken erschaffen.
Nun führst du eine Beziehung mit einem Menschen, der vermeintlich Hass und Liebe zugleich in dir auslöst. Du solltest dir klar sein, dass nicht er diese Emotionen in dir auslöst. Er kann sie verstärken, aber auslösen tust du sie, denn sie findet in dir statt und nicht außerhalb von dir. Alles, was in dir stattfindet, unterliegt deiner eigenen Schöpferkraft und somit deiner Verantwortung.
Du weißt also, dass deine Gedanken deine Gefühle auslösen. Somit erschaffst du diese Hassliebe. Du hast dir einen Menschen ausgesucht, der zu einem gewissen Teil deinem Ideal eines "Traumpartners" entspricht. Aber ein Mensch wird niemals absolut so handeln, wie du es erwartest.
Handelt dein Partner also gegen deine Erwartungen, erfüllt dir möglicherweise ein Bedürfnis nicht, denkst du negativ über ihn und somit erschaffst du den Hass/Groll in dir. Im nächsten Moment handelt dein Partner wieder zugunsten deiner Idealvorstellung, tut etwas, was deine Bedürftigkeit befriedigt, richtet sich nach deinen Werten und schon empfindest du Liebe.
Vielleicht harmoniert ihr auch bloß auf körperlicher Ebene und auf zwischenmenschlicher nicht ...
Für eine tiefe Beziehung zu einem Menschen, lohnt es sich immer, diesen abseits seines physischen Körpers zu sehen. Das tut man, indem man ihm mit frischem Geist/Verstand begegnet, sprich, ihm gegenüber alle Bewertungen fallen lässt. Es ist egal, was er getan oder gesagt hat, es ist egal, ob er zugenommen hat, Klamotten trägt, die dir nicht gefallen ... Blendet man alle Gedanken aus, die man über diesen Menschen hat und löst sich von der Illusion, zu wissen, wie und wer dieser Mensch ist, beginnt man, ihn mit komplett anderen Augen zu sehen.
Dementsprechend hat man die Möglichkeit, eine Hassliebe in eine bedingungslose Liebe zu transformieren. Das liegt immer an einem selbst. Wie du deinen Partner siehst und ob du bereit bist, all das angebliche Wissen über diesen Menschen aufzugeben. Du kannst dich immer neu für diesen Menschen entscheiden.
Bist du hingegen vollkommen identifiziert mit deinen Gedanken und Emotionen und glaubst, dass sie die absolute Wahrheit widerspiegeln, wirst du ein ziemlich einseitiges Leben führen. Obwohl ... nicht du führst dann das Leben, sondern das Leben dich. Es ist abhängig davon, wie bewusst du dir deiner Selbst bist und ob du in der Lage bist, deine Gedanken differenziert und selbstreflektiert zu beobachten.
Grundsätzlich finde ich Abhängigkeit nicht "ungefährlich". Zu glauben, dass man ohne diesen einen Menschen nicht (glücklich) sein kann, versperrt einem möglicherweise den Weg in ein zufriedenes und erfülltes Leben. Es ist schon paradox, dass Menschen sich auf der einen Seite Freiheit wünschen, aber auf der anderen Seite wollen sie sich verbunden fühlen und krallen sich dabei viel zu oft an einen Menschen fest, der ihnen überhaupt nicht guttut. Ich weiß, wovon ich rede ;D
Meine erste Beziehung entwickelte sich in eine Hassliebe. Ich konnte (wollte) nicht ohne ihn, obwohl ich auch nicht mehr mit ihm sein konnte (wollte). Irgendwann ging es mir dann so schlecht – er hat es so weit über die Grenze des Aushaltbaren getrieben –, dass ich gar nicht anders konnte, als es zu beenden. Ich habe in der Beziehung einiges an Selbstliebe und Selbstwertgefühl verloren, was ich mir in denen letzten Jahren mühevoll wieder aufgebaut habe.
Ich war damals noch nicht in der Lage, die Informationen, die von außen auf mich eingeprasselt sind, ordentlich zu filtern. Ich habe all die Erfahrungen in mich aufgesogen und in Gift verwandelt. Statt zu sortieren, was etwas mit mir zu tun hat und was nur etwas mit meinem Partner zu tun hat, habe ich alles zu meinem gemacht.
Wenn er einer anderen hinterher geglotzt hat, habe ich aus dieser Information gemacht, dass ich nicht gut genug bin und er deshalb lieber andere Frauen anguckt, als mich ... Anstatt einfach neutral zu beobachten und zu denken "Aha, er hat einer anderen hinterher geschaut.". Man macht sich das Leben selbst schwer, wenn man seinem Partner nicht erlaubt, auch andere Menschen hübsch finden zu dürfen ...
Ich habe die Vorstellung meiner Zukunft komplett auf ihm aufgebaut. Tut man so etwas unbewusst, ist die Gefahr sehr groß, dass man am Ende eine schmerzliche Enttäuschung erfährt. Wäre ich in mir stabil und sicher gewesen, wäre das Ende unserer Beziehung kein großes Thema gewesen. Ich hätte meinen Fokus einfach auf etwas Frisches gelenkt, doch für mich existierte nur diese eine Zukunft mit meinem damaligen Partner. Obwohl ich selbst die Entscheidung getroffen hatte, es zu beenden, hatte ich danach emotionale Probleme. Ich fiel in eine Depression, weil ich komplett die Orientierung verloren hatte. Meine Illusion einer gemeinsamen Zukunft lag in Scherben. Ich hatte ihr viel zu viel Bedeutung zugeschoben ...
Es war vorerst einfacher, meinem damaligen Partner die ganze Verantwortung und Schuld zuzuschieben, dass mein Leben ein einziger Scherbenhaufen ist. Aber ich fing an, mich selbst zu hinterfragen und mir wurde klar, dass all das, was passiert ist, nicht hätte passieren müssen, wenn ich mich selbst genug geliebt hätte und mich nicht an die romantische Vorstellung geklammert hätte, dass die erste "Liebe" für immer hält. Mein damaliger Partner und ich leben nach komplett unterschiedlichen Werten. Das mit uns konnte niemals gut gehen. Als wir uns kennengelernt haben, habe ich das bereits gespürt, aber ich kam aus der Situation nicht mehr heraus, weil mir der Mut fehlte ... Aber das ist eine andere Geschichte.
Zusammengefasst:
Wenn dich deine Beziehung, basierend auf einer Hassliebe, nicht glücklich macht, solltest du entweder die Gedanken in Bezug auf deinen Partner überarbeiten oder deine Vorstellung von Liebe hinterfragen ... Es gibt mehrere Möglichkeiten. Ein flexibler Verstand zeigt einem verschiedene Wege, die man gehen kann.
Eine Hassliebe muss nichts Negatives sein, wenn man für sich entscheidet, diese Erfahrung machen zu wollen und bereit ist, auch negative Emotionen zu durchleben. Es kann durchaus eine Horizonterweiterung sein. Mich haben die negativen Gefühle, die ich damals durchlebt habe, auf jeden Fall emphatischer für andere werden lassen. Vor meiner Beziehung hatte ich keine Ahnung davon, was Enttäuschung bedeutet und wie viele unterschiedliche Gesichter sie haben kann ...
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