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Der Kerker der Definition ... engt mich ein!



Ich habe eben (komplett zufällig oder auch nicht ...) einen Text von mir gefunden ... Ich glaube, es war eine persönliche Nachricht an jemanden, mit dem ich mich mal ausgetauscht habe, die ich zwischengespeichert habe.

Und irgendwie hatte ich beim Lesen den Impuls bekommen, ihn hier im Blog zu teilen.

Mein Text beschreibt, wie ich mich bei gewissen Nachrichten oft gefühlt habe. Mittlerweile gehe ich anders damit um und dieses beklemmende Gefühl kommt nur noch selten auf. Dennoch kommt es noch vor ...

Ich liebe Anaïs Nin. In ihrem ersten Tagebuch finde ich mich so oft wieder, dass es mir schon unheimlich ist. Somit ist das nachfolgende Zitat aus ihrem Tagebuch. Danach folgen die Gedanken und Emotionen aus der Vergangenheit.

Junes Charakter scheint keine definierbare Form zu haben, keine Grenzen, keinen Kern. Das beunruhigt Henry. Er weiß nicht alles, was sie sein kann.

Empfinde ich mein eigenes Selbst als genau abgegrenzt, als festlegbar?

Ich kenne seine Grenzlinien. Es gibt Erfahrungen, vor denen ich zurückscheue. Aber meine Neugierde, meine Produktivität, treiben mich darüber hinweg, wandeln dadurch meinen Charakter.

Meine Einbildungskraft stößt mich in unbekannte, unerforschte, gefährliche Gebiete. Aber ich bleibe dabei immer auf dem Fundament meiner Natur; meine "intellektuellen" Abenteuer, meine literarischen Exkursionen führen mich nie in die Irre.

Ich erweitere mein Selbst, dehne es aus; ich will nicht nur eine Anais sein, geschlossen, alltäglich, begrenzt.

Sobald mich jemand festlegen will, mache ich es wie June: ich versuche, mich aus dem Kerker der Definition zu befreien. Bin ich gut? Bin ich freundlich? Dann versuche ich, wie weit ich ins Unfreundliche gehen kann (nicht sehr weit), in die Härte.

Aber ich habe das Gefühl, dass es mir jederzeit möglich ist, zu meiner wahren Natur zurückzukehren.

Ich habe oft ein komisches Gefühl, wenn ich mit so manchen schreibe und es ist genau das, was ich in dem Text fett markiert habe. Sie versuchen, mich in eine Schublade zu stecken, vor allem durch ihre Fragen. Meine Antwort ist selten bejahend.

In dem Moment, in denen ich das lese, bekomme ich ein beklemmendes Gefühl. Auf Grund dessen, dass ich einen Erotikroman geschrieben habe bzw. schreibe, geht es ganz oft um das Thema Sexualität. Und ich werde ganz oft gefragt, was meine Fantasien sind oder, was ich gerne noch ausprobieren möchte. Ich muss dann erstmal tief durchatmen, wenn ich diese Fragen lese.

Ich hab mich bisher immer gefragt, warum ich so empfindlich auf solche Fragen reagiere. die vollkommen legitim und harmlos sind.

Dank dieser Textstelle, ist es mir total klar geworden.

Die tun das ja nicht bewusst und ich kann auch nicht erwarten, dass sie wissen, wie ich fühle und denke. Daher bleibe ich immer so freundlich, wie es mir nur möglich ist. Ich antworte häufig, dass ich keine Fantasien habe (was natürlich halb gelogen ist. Natürlich habe ich auch mal sexuelle Fantasien, aber die sind dann auch nicht mal eben stumpf mit Worten zu beschreiben und ich muss sie eben auch nicht in Realität umsetzen) und dass ich das Wort "ausprobieren" nicht abkann. Viele setzen sexuelle Fantasien auch mit sexuellen Wünschen gleich.

Als ich im Teeniealter noch stärker ausgeprägte Fantasien hatte, waren das welche, die sich hätten gar nicht in die Realität umsetzen lassen. Das ist doch das Tolle an Fantasien. Ihr sind keine Grenzen gesetzt. Alles ist möglich. Das macht für mich den Zauber aus.

Habs dann auch schon erlebt, dass dann kam "Wie, du hast keine Fantasien und wie schreibst du dann?" ... die vermischen alles ... dann erkläre ich ganz geduldig, dass Kreativität unabhängig von der eigenen sexuellen Fantasie existieren kann. Als Beispiel schreibe ich dann noch, dass ich auch über etwas schreiben kann, was mich total abtörnt. Dann geht ihnen Gott sei Dank ein Lichtlein auf 😃

Ich schreibe, dass ich keine Fantasien habe, obwohl das nicht die komplette Wahrheit ist, weil ich nicht in ihr Bild passen möchte, von dem sie gerade dabei sind, es zu erschaffen.

Ich glaube, ich habe eine Allergie gegen Dummheit und ich bin da total in Konflikt mit mir selbst, weil ich es nicht mag, andere als dumm zu bezeichnen, aber ich kann einfach nicht anders.

Finds erdrückend, wenn andere meine Sexualität in diese eine Ecke drängen wollen, in die ich einfach nicht hineinpasse. Da sind wir wieder beim Thema Listen abarbeiten ... daher kotzt mich das Wort ausprobieren so an.

Gibt nichts Lustkillenderes als sich mit jemandem zu treffen, um dann irgendeine "Scheiße" auszuprobieren. Ich kann das nicht nachvollziehen, wie andere ihre Sexualität auf diese Weise ausleben können.

Auch diese Frauen in diesem Erotikportal, die sich nackt präsentieren oder auch die Männer ... auf mich macht es immer den Eindruck, als hätten die dann nur ihren Körper zu bieten und nicht mehr.

Oder tun sie es aus Unsicherheit? Weil sie befürchten, dem Mann oder der Frau bei einem Treffen doch nicht zu gefallen?

Ich kann mir nur vorstellen, dass es vielen wirklich um das reine Befriedigen des Lustbedürfnisses geht. Sex ist dann wie essen, wenn man Hunger hat. Da reicht Sympathie dann aus.

Manchmal beneide ich diese Menschen, die eine "eingeschränkte" Sexualität haben. Ich hatte in meinem Leben noch nie Lust auf die Weise empfunden, wie ich sie gerne empfinden wollen würde.

Die Lust war immer gefangen in dieser Box, konnte sich noch nie entfalten. Gab kleine Momente, in denen sie mal ein bisschen außerhalb der Box war, aber es war nur ein kurzer Ausflug.

Und wenn mir dann Menschen schreiben, die ihre Sexualität glücklich in dieser Box ausleben und sie gar nicht wissen, dass es ein Leben außerhalb dieser Box gibt und deshalb meinen,

ich wäre auch super glücklich in dieser Box, dann nervt mich das. Weil es so müßig ist, es zu erläutern. Ich kann gar nicht verstanden werden, weil sie einfach anders empfinden.

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